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Rechtsprechung Familienrecht

Achtung beim Anspruch auf „Mehrbedarf“ – „der sog. Mittagstisch zählt nicht“

Rechtsprechung Familienrecht: Kindesunterhalt

In einem Sachverhalt, der dem OLG Bremen vorgelegt wurde, ging es darum, dass die geschiedenen Eltern vereinbart hatten, der Vater würde über den monatlich geschuldeten Kindesunterhalt hinaus die Kosten für einen etwaigen Mehrbedarf zu 90 % übernehmen.

Soweit es seit einiger Zeit die Einrichtung eines sogenannten pädagogischen Mittagstischs gibt, bei dem die Lehrkraft mit den Kindern gemeinsam isst und sie dann im Anschluss bei den Hausaufgaben und beim Spielen betreut. Für die betreuende Mutter war klar, dass sie insoweit auch 90 % des monatlich anfallenden Betrags von 118,00 € dafür verlangen kann.

Familienrecht: Rechtsprechung

Nein, kann sie nicht, erklärte das Gericht. Nicht jeder ausgelöste Aufwand hat einen pädagogischen Inhalt, der von den Eltern nicht vermittelt werden könnte. Der Erwerb sozialer Kompetenzen gehöre zu den ureigenen Betreuungsaufgaben der Eltern, meinte das Gericht.

Die Beteiligung an einem Mehrbedarf könne aber nur vom Unterhaltsschuldner erwartet werden, wenn die pädagogische Förderung im Mittelpunkt steht und deshalb die Qualifizierung als Mehrbedarf gerechtfertigt sei. Dies wurde aber zum Institut des Mittagstischs verneint.

(OLG Bremen, Beschluss vom 23.11.2017).

Generalvollmacht hindert nicht die Sorgerechtsübertragung

Rechtsprechung Familienrecht: Sorgerecht

Ein Elternteil, der nicht hinnehmen möchte, dass die Alleinsorge auf den anderen Elternteil übertragen wird, kann dies nicht dadurch verhindern, dass er eine umfassende Generalvollmacht für den anderen Elternteil unterzeichnet. Auch wenn er damit zum Ausdruck bringen könnte, dass der andere Elternteil in jeder Hinsicht handlungsberechtigt ist, ist eine solche Vollmachterteilung eben doch jederzeit frei widerruflich.

Diese Unsicherheit hat der betreuende Elternteil, dem an der alleinigen elterlichen Sorge viel liegt, nicht hinzunehmen. Der nicht betreuende Elternteil kann also nur auf die Schranke der sog. doppelten Kindeswohlprüfung setzen, dass sowohl die Aufhebung der gemeinsamen Sorge als auch dann die Übertragung auf den anderen Elternteil dem Wohle des Kindes am besten entsprechen muss.

(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2017).

Weiterhin „strengste“ Anforderungen für eine sog. „Härtefallscheidung“

Rechtsprechung Familienrecht: Härtefallscheidung

Oftmals wird der Anwalt mit dem Wunsch nach einer sofortigen Scheidung aufgesucht. Häufige Äußerungen sind in solch einem Fall folgende: „Man halte es nicht mehr aus. Es gäbe doch die sog. Härtefallscheidung.“

Dafür bestehen aber sehr strenge Voraussetzungen, wie jetzt wieder vom höchsten Gericht entschieden wurden.

Die Ehefrau litt in dem vorgelegten Sachverhalt unter Wahnvorstellungen und Zwangsstörungen und drohte mit Suizid. Sie stellte dem Ehemann nach und sprach Morddrohungen gegen ihn aus.

Wie ernst das Ganze zu nehmen war, ist die eine Frage. Der Ehemann trug aber vor, er leide unter Depressionen und Panikattacken und das Ganze hätte mittlerweile zur Einschränkung seiner Arbeitsunfähigkeit geführt. Er würde deshalb sofort geschieden werden wollen wegen einer unzumutbaren Härte, mit dieser Frau noch weiter verheiratet zu sein.

Familienrecht: Rechtsprechung

Weil die Anforderungen so hoch sind, verweigerte das zuständige Familiengericht die Scheidung. Aber in der Beschwerde hatte der Ehemann Erfolg. Das Verhalten der Ehefrau allein genüge nicht für die „Scheidungsreife“.

Aber wenn es zu solchen Auswirkungen komme, wie sie der Ehemann auch mit Arzterklärungen usw. bewiesen habe und wenn, wie es Anknüpfungspunkte gäbe, dass also der Ehemann sogar aus Angst seinen Aufenthaltsort regelmäßig wechsle und bei verschiedenen Freunden schlafe, damit er sich vor der Ehefrau und deren Anlastungen in Sicherheit bringen könne, „dann genüge das“. Dann sei diese Ehe zu scheiden (Kammergericht, Beschluss vom 29.09.2017).

Die etwas verfrühte Antragseinreichung auf Scheidung – ein Risiko?

Rechtsprechung Familienrecht: Das Trennungsjahr bei Scheidungsantrag

Der BGH hat den Anwälten eine Sorge genommen, soweit diese mittragen, dass eigentlich vor Ablauf des Trennungsjahres der Scheidungsantrag schon eingereicht wird, damit es eben zeitnah und nicht erst Monate nach Ablauf des Trennungsjahres zur Scheidung kommen kann.

Es vergehen zwischen Einreichung des Antrags wegen der meistens gebotenen Durchführung des Versorgungsausgleichs, der die „zeitraubende“ Einholung der Auskünfte über die beteiligten Rententräger auslöst, mindestens drei bis vier Monate. Diese Zeit wollen Mandanten aus den verschiedensten Gründen oft nicht „verlieren“. Es müsste augenscheinlich einen großen Aufwand mit sich bringen, wenn im Nachhinein festgestellt würde, das Trennungsjahr war bei Einreichung des Antrags ja noch gar nicht abgelaufen, und deswegen wären die Einsatzstichtage für die Berechnung des Versorgungsausgleichs und ggf. eines Zugewinnausgleichs „schief“.

Aus diversen Gründen, sicher aber eben auch wegen der Praktikabilität und des sonst drohenden immensen Aufwandes mit Blick auf die gängige Praxis hat der BGH in zwei Grundsatzentscheidungen ausgewiesen, dass es zu nachträglichen Veränderung der einmal aktentechnisch festgehaltenen Stichtage nicht kommen wird und kann (BGH, Beschluss vom 13.12.2017).

Der Ehevertrag – „in diverser Hinsicht eben nicht ohne Gefahr“

Rechtsprechung Familienrecht: Ehevertrag

Die Eheleute hatten vor der Heirat einen notariell beurkundeten Ehevertrag abgeschlossen. In dem Ehevertrag wurde eine Gütertrennung vereinbart, der Versorgungsausgleich wurde ausgeschlossen. Zudem enthielt die Vereinbarung einen gegenseitigen und vollständigen Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt – der „Klassiker“.

Einen Ehevertrag „aufzuweichen“ und an sich ausgeschlossene Ansprüche doch durchsetzen zu können von demjenigen, der sich benachteiligt fühlt, stellt sich in der Praxis deutlich schwerer dar, als vielfach angenommen wird. Eine Gütertrennung kann kaum „ausgehebelt“ werden. Leichter ist es immerhin was den Versorgungsausgleich betrifft oder „vor allem“ in Bezug auf den Unterhalt.

Familienrecht: Rechtsprechung

Kürzlich hat der BGH aber entschieden, dass tatsächlich der Vertrag „in Gänze“ zu Fall gebracht werden kann, wenn

  • eine objektive stark einseitige Lastenverteilung für den Scheidungsfall ausgewiesen wird und
  • in subjektiver Hinsicht die Beweggründe des im Ehevertrag Begünstigten für eine Sittenwidrigkeit sprechen und
  • sich in Ansehung des Begünstigten eine Überlegenheit in sozialer und ökonomischer Hinsicht aufdrängen musste, aber zudem ins Gewicht fallen müsse, dass der „Benachteiligte“ im besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen war, weil er von der Ausweisung bedroht wurde. Dadurch wäre eine so deutlich schlechtere Verhandlungsposition herbeigeführt gewesen, dass in der Gesamtabwägung eine Grenze überschritten wäre, was aber die Nichtigkeit des gesamten Vertrags mit allen Einzelregungen zur Folge hätte.

Wenn man sich in diesem Zusammenhang gerade hinsichtlich der finanziell möglicherweise bedeutsamen Folgen im Güterrecht und gegen einen Zugewinnausgleich absichern will, bietet sich die Möglichkeit an, zwei Eheverträge zu schließen.

In dem einen wird dann nur der Güterstand geregelt, in dem anderen werden die Themen Versorgungsausgleich und Unterhalt behandelt. Auch wenn sich natürlich dann an der sozialen und ökonomischen Überlegenheit des eines Ehepartners nichts ändert, kann die Regelung der Gütertrennung nicht angreifbar sein, da hier vom Gesetzgeber eine absolute Wahlfreiheit zugestanden ist. Das ist das Wesen des „Wahlgüterstands“.

Du kannst frei – ohne Einschränkungen – wählen.

Die Bedenken können hinsichtlich der anderen Themen jenen Vertrag kippen, aber: Zwei Verträge, zwei selbständige Einschätzungen mit getrennten Wegen im Ergebnis.

(BGH, Beschluss vom 17.01.2018).

Unterhaltsverwirkung wegen Verfahrensbetrugs

Rechtsprechung Familienrecht: Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information

In einem Verfahren wegen Kindes- und Trennungsunterhalts behauptete die Ehefrau, über kein eigenes Einkommen zu verfügen. In Wahrheit war sie im Geringverdienerbereich tätig mit bis zu 450,00 € monatlich. Die (falschen) Angaben vor dem Familiengericht lösten für den geschiedenen Ehemann die Pflicht zur Zahlung von einem Trennungsunterhalt in Höhe von 180,00 € aus.

Die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Information des Gerichts nach § 138 Abs. 1 ZPO ist ernst zu nehmen. Wenn ein Gericht davon Kenntnis erlangt, dass auch nur auf niedrigem Niveau etwas verschwiegen oder sogar ausdrücklich falsch mitgeteilt wird, hat dies Konsequenzen. Hier wurde, als der „Schwindel“ herauskam, rigoros durch das Beschwerdegericht der Unterhaltsanspruch komplett gekappt. Zur Strafe“ gab es nichts mehr. Die Verwirkungstatbestände sind insoweit bei § 1579 Nr. 1 bis 8 BGB ausgewiesen. Die Sanktionsscheren, ein Unterhalt wäre „grob unbillig“, wenn gelogen wurde, müssen ernst genommen werden. Es scheint, dass tendenziell die Gerichte hier sehr sensibilisiert und handlungsbereit sind. Also Vorsicht!

(vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.08.2017).

Achtung beim Einsatz der Tagesmutter

Rechtsprechung Familienrecht: Mehrbedarf

Die Mutter von zwei Kindern 12 und 10 Jahre alt, war vor der Scheidung teilweise erwerbstätig. Ihr wurde ein Trennungsunterhalt zugesprochen. Dabei wurden die Kosten einer Tagesmutter bei ihrer Einkommens- und Bedarfsberechnung angesetzt, sie hatte ein geringeres Einsatzeinkommen und damit einen höheren Bedarf. Dann wurde die Mutter geschieden und es kam zu einem Verzicht auf nachehelichen Unterhalt. Die Mutter ging davon aus, dass sie zukünftig die Kosten für die Tagesmutter im Rahmen eines Mehrbedarfs anmelden kann.

Familienrecht: Rechtsprechung

So (einfach) ist es aber eben nicht. In letzter Instanz ist vom BGH nunmehr entschieden worden, nachdem man vorher bei den Gerichten (Amtsgericht, Oberlandesgericht) unterschiedlicher Auffassung war, dass diese Kosten eben nicht ein Fall für den sog. „Mehrbedarf“ sind, und die Mutter aber andererseits das Ganze dadurch auffangen könnte, dass sie im Rahmen ihrer Steuererklärung den Kostenaufwand geltend machen könne.

Für die Qualifikation des Mehrbedarfs bedürfe es unabdingbar einer besonderen pädagogischen Förderung, wie sie in staatlichen und vergleichbaren privaten Einrichtungen mit dem Aufenthalt des Kindes verbunden wäre. Der Einsatz einer Tagesmutter sei so in der Regel nicht gestaltet. Die Pflichten der Tagesmutter stellten sich doch i. d. R. wie folgt dar: Abholung der Kinder, Mittagessen, Hausaufgabenüberwachung und leichte Haushaltsarbeiten. Das sei nichts, was über die übliche Betreuung, die der Mutter persönlich obliege, hinausgehe.

Einen Ausweg kann es für die Mutter wohl nur geben, wenn sie sich dann tatsächlich darum bemüht und es auch schafft, eine Tagesmutter mit einer ausgewiesenen besonderen Pädagogischen Qualifikation zu finden, und einem Gericht glaubhaft zu vermitteln, weil es auch in den Vertrag mit der Tagesmutter hineingeschrieben wäre, dass eigenständig erzieherische Inhalte transportiert würden.

Von bösen Zungen ist verlautet, letztlich verpflichte diese höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, die Kinder „dauerpädagogisieren“ zu lassen, weil freies Spielen der Kinder zuhause unter fremder Aufsicht keinen Mehrbedarf der Kinder auslösen könne und sich im Ergebnis eine in Vollzeit tätige Mutter sonst messbar schlechter stelle, wenn nicht immer und überall – pädagogisch werthaltig – erzogen würde.

Aber so ist es eben (vom BGH gewollt).

(BGH, Beschluss vom 04.10.2017).

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